Ich weiß nicht, was der BP tun kann in einer Situation, wo die Demokratie mit demokratischen Mitteln ausgehebelt werden soll, aber diese Sorge um die Demokrstie wird in den kommenden Wochen zur zentralen Frage. Nicht, wer am meisten Stimmen erhalten hat.
Die Situation ist derart Spitz auf Knopf, dass es Zeit ist, von den Formalien – und wenn noch so lange Praxis – zum Inhaltlichen zu kommen.
Ich sehe eine Reihe von elementaren, nicht beantworteten Fragen:
Warum ist die Lage der Arbeitenden, subjektiv und objektiv, so schlecht, dass viele demagogischen Argumenten aufsitzen?
Wie kann man die in der Vergangenenheit gemachten Fehler und Versäumnisse glaubwürdig korrigieren, um die soziale Auseinanderdriftung, die Galopp aufgenommen hat, umzukehren?
Wer wird dem Märchen des Wachstums als Triebfeder der gesellschaftlichen Prosperität endlich mit Zahlen und Statistiken entgegentreten?
Wer wird endlich den Fremden, den Hergekommenenen, den zur Flucht gezwungenen, die ja nicht nur Migranten sind – jene Würde zukommen lassen, die sie als Menschen verdienen?
Wer hat schon jemals danach gefragt, wieviele von ihnen Arbeiter, Angestellte, Einzelunternehmer, Rechtsanwälte, Notare, Ärtinben, Krankenschwestern, Pfleger und Pflegerinnen usw. sind und wer wird ihnen endlich die Hand reichen und sie als gleichberechtigte Mitglieder der Gewerkschaften usw. betrachten, die nicht ohne Arbeitserlaubnis vegetieren müssen, die in soziale Abhäbgigkeit gebracht werden, die meist dann unterbezahlte Arbeit annehmen müssen und als Sündenböcke vorgeführt werden, die angeblich den Hiesigen die Arbeit wegnehmen?
Wann wird die seit Jahrzehnten – von allen Perteien gewollte u praktizierte – schreiende Ungerechtigkeit, dass 1,5 Mio zu uns gekommene Menschen nich aktiv und passiv zur Wahl antreten und auch nicht wählen dürfen, beendet?
Wer wird das demagogische Doppelspiel der Wirtschaft aufdecken, die Mithilfe der entwürdigenden Bezahlung an eingestellte Fremde die Löhne, Gehälter, die KVs u.a. Errungenschaften der Arbeiterbewegung zunichte machen?
Wer wird endlich das Märchen von der Nichtleistbarkeit der 32 Stundenwoche bloßstellen, denn, wenn ich mich richtig erinnere, hat ein Arbeiter schon vor 40 Jahren in einer Stunde das Äquivalent zum Leben geschaffen und sieben Stunden am Tag für die Wirtschaft gearbeitet?
Wer wird sich endlich gegen die ungehörige Assimilation, die Unterwerfung der Hergekommenen stellen, dem seine Kultur und Sprache wie selbstverständlich weggenommen wird, aber keine neue – während der Arbeitszeit – beigebracht wird und ihm/ihr dann noch der Vorwurf gemacht wird, er könne nicht unsere Sprache und ordnet sich nicht unseren kulturellen Werten unter, wie zuletzt der einstige deutsche BP Gauck in der Kleinen Zeitung am heutigen [6.10.] Sonntag?
Wer wird endlich die Mehrzahl der Menschen in der Außenpolitik soweit befähigen, die internationalen Widersprüchen soweit zu verstehen, um nicht wieder als Kanonenfutter in die kommenden Kriege geschickt zu werden und sie befähigen, sich mit den heimischen und den auswärtigen Werktätigen, gegen alle Kriegstreiber, Munitionshersteller, Bombenbauer, Drohnenentwickler usw. usf. zusamnen zu schließen?
Das sind nur einige der sich stellenden Fragen, auf die wir Antworten brauchen und die eine kommende Regierung zu bewältigen haben wird.
Es sind Scheindebatten, die hier und heute bez. des Stärksten, dem Usus in der 2. Republik, dem Verfassungsbogen usw. geführt werden.
Darüber haben die Parteien heute zu reden und die, die sich hier näher kommen, werden die Regierung zu bilden haben und sie werden auf dem Weg dorthin, zur Regierung, neue gesellschaftliche Kriterien und auch Antworten finden, wie Jene, die derzeit Demagogen auf den Leim gehen, wieder zum Denken gebracht und das schädliche Wirken der Demagogie selbst aktiv zurückweisen und damit auch die Angst verlieren werden, dass die Hergekommenen ihnen ihre wenigen Vorteile wegnehmen würden.
Die untrige Friedensbotschaft wurde am 6.8. in Wien zum Hiroschima-Jahrestag verlesen und auf der Website der Organisatoren veröffentlicht.
Mir geht es u.a. auch darum, nachzudenken, wie sich die Menscheit zukünftiger Möglichkeiten beraubt, wenn sie sich durchs Töten bewußt und selbstverschuldet eventuellen Lösungen entzieht. Diesen Gedanken hatte ich erstmals in meinem Gedicht „Gebet der Kinder“ 1995 aufgegriffen und ich denke schon, dass wir darüber ernsthaft nachdenken müssen. Aber fundiert und allumfassend. Gerade auch im Sinne Grillparzers:
„…Und starrem Eisen einen Weg gebahnt / In ihren warmen Leib. – […]“
– und uns damit gar einen Weg genommen, der gegangen worden wäre, an der Wegkreuzung, auf dem richtgen Steig…
Wenn man sich den Film Oppenheimer angesehen hat, weiß man noch deutlicher: Gerade nach dem Film erst recht!
Friedensbotschaft
Hiroshima-Tag. 6.8.2023, Stephansplatz, Wien
Heute genügt schon ein rascher Blick, um das neuerliche Ausmaß der Vernichtung durch Kriege zu begreifen. Und doch: Es überrascht, es verschreckt und es lähmt, wenn man auf die Schlussfolgerungen, die gesellschaftlich gezogen werden, schaut.
Neben allen tragischen Folgen für Eltern, KiKinder, die Geliebten und Verwandten, neben allen gesundheitlichen Folgen, für Jene, die zu Invaliden und Krüppeln geschossen wurden und werden, schaut man fast ungläubig auf die bisher gebotenen Lösungsvorschläge.
Vergegenwärtigen wir uns, wieviel Tote es – nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges – im 20. Jahrhundert gegeben hat:
„Es sind weltweit mindestens 60–65 Millionen Menschen nach Ende des Zweiten Weltkrieges durch Kriege gestorben. Im 20. Jahrhundert starben circa 100–185 Millionen Menschen durch Kriege,“ lesen wir bei Wikipedia.
Zur Zeit sind, neben dem wohl größten zerstörerischen Krieg zwischen der Ukraine und Russland, weitere 26 bewaffnete Kriege zu verzeichnen und lässt uns taumeln, zumal uns die waffenproduzierenden Staaten wieder einmal vor Augen führen, wie sie aus Eisen Gold machen – man brauch sich nur die Börsenkurse ansehen, um abzulesen, wie ihre exponentiellen Umsatz- und Profitsteigerungen ausfallen.
Nachdem heute allenthalben wieder gerne über den Marxismus gesprochen wird, ohne den alten Philosophen aus Trier je kritisch gelesen zu haben, scheint es mir doch zweckmäßig zu sein, (im Zusammenhang mit den Waffenschmieden und den Kriegsmaterialien vertreibenden Staaten – wie Streubomben, Tellerminen u.a.), auf eine Anmerkung von Karl Marx hinzuweisen, die das „übermütige Kapital“ treffender nicht beschreiben könnte. Marx schreibt:
„Kapital“, sagt der Quarterly Reviewer,
flieht Tumult und Streit und ist ängstlicher Natur. Das ist sehr wahr, aber doch nicht die ganze Wahrheit. Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren. Beweis: Schmuggel und Sklavenhandel.
MEW, Bd. 23, S. 788, in MEGA² II/6, S. 680/681
Nach dem Jahrhundert der Kriege, nach der Weiterführung dieser im 21. Jahrhundert, ist es wahrlich an der Zeit und angebracht, über Wege des Wiederstandes, zur Rettung des Friedens nachzudenken und wirksamere Maßnahmen zu ergreifen. Diese kann, ja muss, jeder Einzelne, jede Einzelne, für sich entscheiden und tun! Erst recht im Kriegsfall. Und auch schon vorbeugend – in undemokratischen Gesellschaften – will man das hereinbrechende Unheil zurückdrängen. Eine solcher Maßnahmen ist es zum Beispiel, in Armeen ernsthaft über aktive Ablehnung des Dienstes nachzudenken, wie Nir Avishai Cohen, Major in Mill, aktiver AGM-Offizier der Infanteriebrigade in Israel, am 27.7.2023 in den sozialen Medien, berichtet. Über seine getroffene Entscheidung, den Dienst in der israelischen Armee zu beenden, schreibt er: „Ich weigere mich, weiterhin in der IDF zu dienen, einer Armee eines nicht demokratischen Landes.“
Diese Haltung gilt es zu würdigen! Sie einzunehmen erfordert Mut. In Anbetracht des Zustandes in Israel, aber auch in der Welt, erst recht.
Diese Handlung zu setzen ist zutiefst demokratisch, und kann/sollte von allen aktiven Heeresangehörigen in so einer Situation eingenommen werden. Wenn diese Möglichkeit weltweit erkannt und von Vielen aktiv praktiziert wird, wirkt sie nicht nur kriegerischen Prozessen entgegen. Solches Verhalten fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt, da sie Duckmäusertum entgegenwirkt und das Bewusstsein für das friedliche Gemeinsame hebt, es belebt die Entwicklung des demokratischen Gefüges.
Ebenso ist Desertation eine Form der Verteidigung der Demokratie. Das Recht zur Desertation muss als aktive Form des Wiederstandes anerkannt werden und darf nicht geahndet werden – schon gar nicht nach dem Kriegsrecht.
Beide hier erwähnten Handlungen sind, in Zeiten, wie wir sie jetzt und heute durchleben – nämlich den zunehmend raschen Wandel von demokratischen zu undemokratischen Gesellschaften – Formen des aktiven Eingriffes zur Verteidigung der errungenen demokratischen Rechte. Sie fördern den Frieden, verhindern die Vernichtung von Menschenleben, bringen die Grundprinzipien von Achtung und Würde wieder ins Bewusstsein, befördern das friedliche Miteinander, schärfen die Bereitschaft, der Zurückdrängung der Menschenrechte entschlossen entgegenzutreten – inclusive des Rechtes des Gebrauchs der jeweiligen eigenen Sprache.
Wir sind an einer Wegkreuzung angelangt, um auf eine Formulierung von Václav Havel zurückzugreifen. Es zeichnet sich immer mehr ab, in welche Richtung es geht. Den zunehmend aggressiven Angriffen gegen die Errungenschaften der Demokratie ist jeder Einzelne, jede Einzelne von uns aufgerufen, dort, wo man lebt und wirkt, durch aktives Handeln, mutig zu begegnen.
Mit Tilman Reuther von der Alpen-Adria Universität Klagenfurt/Celovec, der auch u.a. 20 Jahre lang der Beauftragte der Universtät zu ukrainischen Institutionen in Chakriw u.a. war, entspannte sich heute eine intensive Polemik, anhand der Frage, ob man die russische Sprache boykotieren soll, da sie über Jahrzehnte Kriegsvorbereitend gewirkt hätte, wie es die stellvertretende PEN Vorsitzende Sabuschko in der NZZ formulierte.
Tilman Reuther schrieb: “ Hast Du, lieber Lojze, den Artikel von Sabuschko überhaupt gelesen? Wenn ja, würdest Du erkennen, dass der Freiburger Slawistik nur seine eigenen privilegierte Bücherregale retten will und Sabuschko manipulativ referiert.“
Meine Antwort: „Und ob ich ihn gelesen habe! Auch den Aufruf des ukrainischen PENs zum Boykott der russischen Sprache, oder glaubst Du, ich teile blind, nach Bauchgefühl? Schau in meinen Blog auf www.lojzewieser.net, du wirst genügend Stoff zum Nachdenken finden u vergiss nicht: Der gesellschaftliche Riss geht nicht – Sprache gegen Sprache, – es geht um Demokratie und Reaktion quer durch. Du teilst doch auch die Meinung, dass der großartige Beitrag der russisch schreibenden ukrainischen Autorinnen und Autorinnen hohe literarische Kunst ist. Charsonskys Familienarchiv zum Beispiel. Und was eure Slawistik-Interna angeht, na ja. Jedenfalls gehts um mehr… https://www.wieser-verlag.com/buch/familienarchiv-wtb/
Tilman weiter: „Lojze Wieser Danke für den Hinweis auf Deinen Blog. Was aber sollte das unkommentierte Teilen der Antwort auf Sabuschko? Und was soll die herablassende Unterstellung, es gehe mir um „Slawistik-Interna“, während Du den Weitblick pflegst“
Darauf antwortete ich: „Tilmann Reuther Ach sei nicht angerührt, deine Wortwahl ist ja grad nicht so… eher John Waynartig. Aber: Sprache! In Deutsch wurde der Faschismus gepredigt, auf Latein von Päpsten Bullen gg das Slawische verfasst; In Englisch, Holländisch u Französisch die Ausrottung der Innus in Kanada und der Innuits in Amerka befohlen…um nur einige der Wenigen Schandtaten im Namen der Macht zu benennen. Mißbraucht wird die Sprache. Soll ich mich deswegen meinen Sprachen um Frieden und Demokratie und Verständigung entsagen oder Verbindungen über nationale, nationalistische und chauvinistische Hürden hinweg suchen und festigen?“
Tilmann Reuther versuchte meine Argumente zu entkräften: „
Lojze Wieser „Die „Debatte“ über Tolstoj“ – „die „Zukunft“ der „Menschheit““ – „die „Erlangung“ des Friedens“ – ehrlich gesagt, ich brauche eine WG für 2 – 5 Studierende aus Charkiv, die mit Erlaubnis ihrer Stellungskommissionen gerade in Klagenfurt angekommen sind bzw. dennächst noch kommen. Erasmus+-Programm, das vom Kriegsrecht ausgenommen wurde. Möglichst nahe an der Uni, VB für Miete pro Person 150 Euro, möglichst kautionsfrei, möbliert und nicht im sommerheißen Dachboden. Bezug sofort. Bin gespannt wer den schönen Friedensgedichten Taten folgen lässt.“
Das veranlasste mich, etwas grundsätzlicher zu werden. Deswegen habe ich diese Überlegungen zusammen geschrieben, die ich gerne zur Diskussion stelle, geht es doch um eine zentrale Fragestellung, wenn wir an den Aufbau einer notwendigen und neuen Friedensbewegung herangehen wollen und der Vernichtung der Menscheit – durch bisher nicht, oder aufgrund gescheiterter Schritte – bisher nicht gegangen sind. Und: Auch wenn es nur Fragmente sind – Es ist höchste Zeit!
Nun, neuerlich, lieber Tilmann, bedienst du dich eines Taschenspielertricks. Handeln und denken an eine möglichst lange Friedenszeit, lassen sich verknüpfen, wie die nach dem 2. WK knapp 50 Jahre kriegsloser Zeit in Europa in erster Linie der Blockfreienbewegung von Tito, Ghandi, Nehru…- zuzuschreiben und verdanken ist. Allein daraus könnte man f die heutige Zeit genügend erprobte Vorgangsweisen ableiten, wenn man nur möchte.
Als vor 30 Jahren der blutige Zerstörungsprozess Jugoslawiens begann, gab es noch keine so gut organisierte Hilfe für Menschen, die zur Flucht gezwungen waren. Der Wieser Verlag hat in diesen u folgenden Jahren für gut ein Dutzend Schriftstellerfamilien nicht nur Unterkünfte, auch Stipendien, Aufenthaltsgenehmigungen, Pässe, Arbeit u v.a mehr organisiert. Ich als Verleger bin fast zwei Jahre ausschließlich für die Menschen da gewesen, Tag und Nacht, ohne staatlicher Unterstützung wohlgemerkt, bis die Briefbomben, Briefbombenatrappen, Morddrohungen und Anklagen meine Arbeit gestoppt haben und mir in Folge vorgeworfen wurde, ich könme nicht „wirtschaften“. In dieser Zeit haben wir 16 Bücher auf Bosnisch in der Bosnischen Bibliothek herausgebracht, zahllose Übersetzungen von Bogdanović, Velikić, Karahasan und Anderen verlegt und sie international bekannt gemacht. Und, wir haben an eine Zukunft nach dem Krieg nachgedacht, indem wir die Fundamente zur Wieser Enzyklopädie des europäischen Istens (WEEO) legten.
Als der Krieg nach 30 Jahren wieder vor der Tür stand, deutlicher, lauter, chauvinistischer als je zuvor, hatte ich das Gefühl eines Dejavues: gleiche Fragen, selbe Ahnungslosigkeit bei den Medien und ähnliche dummdreiste Kommentare.
Wir, in den Verlagen Drava und Wieser, haben uns nichts vorzuwerfen: Wir haben systematische an der europäischen Literaturlandkarte gearbeitet, auch die blinden Flecken des Ukrainischen, des Russischen, der Schrift Cyrilica und der Geschichte der Sprachen haben wir gewürdigt (im Gegensatz zu so manchem universitäten Institut quer durch Europa), wir haben dann die Wieser Enzyklopädie des europäischen Ostens (WEEO) begründet, ein Sprachenlexikon ganz Europas – des europäischen Ostens und des europäischen Westens verfassen lassen und es allen Politiker:innen, Studierten, Neugierigen und Wissenden vorgelegt, damit sie klüger würden…
Wir haben bei Drava und Wieser in diesen knapp vier Jahrzehnten 400 slowenische Werke übersetzt, samt Sekundärliteratur, nachdem ich 1980 staunend erkennen musste, dass kein einziges – ha, du hörst recht: KEIN EINIGES slowenisches Buch in Kärnten auf Deutsch vorliegt und haben damit – und mit der Initiative für zweisprachige Ortstafeln 2006 mit „proKärnten/zaKoroško – die Fundamente gegraben, auf denen der Konsens in Politik und Gruppen erst möglich wurden.
Wir haben hier gehandelt, wir haben das Land (mit)verändert und (mit)geprägt und wir haben nicht gewartet. Zu keinem Zeitpunkt. Wir haben getan! Wie? Indem wir um Geld gelaufen sind, indem mein bei Versicherungen verdientes Geld zur Finanzierung einfloss, und und und… Und: es hat oft nicht gereicht. (Wie haben sich da einige deiner Kollegen den Mund über mich sabbrig geredet…. aber, dass ist eine andere Geschichte und bedarf auch einmal einer entschuldigenden Klärung)
Und daher ziehe ich, lieber Tillmann, nach über 40 Jahren das Resume: In der schlimmsten Scheiße musst du den Kopf aus dem Dreck strecken und an die Gestaltung der Zukunft gehen!
Und: Lass endlich die verbrauchten und verdorbenen Heilslosungen vergangener Jahrhunderte dort, wo sie hingehören – in der Mottenkiste. Neues zu Denken wagen, das benötigen wir. Fern von Nationalismen, Chauvinismen, Nationalstaaten mit Zwangsassimilation (siehe Ukraine heut: Boykott der russischen Sprache generell, auf der ganzen Welt! Wo sind wir? Allein 15.000 Kriegsgegner sitzen in Russland in den Gefängnissen, 150.000 Menschen waren gezwungen in die Emigtation zu gehen, darunter die 79jährige Menschenrechtsaktovistin Irina Scherbakowa und die Autorin Alissa Ganijewa. [Siehe: Norbert Schreiber https://www.wieser-verlag.com/buch/anna-politkowskaja-cronik-eines-angekuendigten-mordes/ https://www.wieser-verlag.com/buch/der-kaukasische-teufelskreis/ https://www.wieser-verlag.com/buch/verletzte-gefuehle/ ]
In Jugoslawien vor 30 Jahren haben derartig gefährliche Losungen noch bis zu zwei Jahren gebraucht, bis sie Spruchreif wurden und ihr Unheil begannen. Es wirkt bis heute. In der Ukraine hat der Chauvinismus nach der ersten Woche Krieg voll durchgeschlagen. Das geht auch nur, wenn er allerorts, auch im Westen, auf fruchtbaren Boden fällt. (Hören wir hier gar wieder das Echo des Völkerbundes, während u nach dem 1. WK, mit seiner ethnischen Säuberungspolitik, nicht nur den Armeniern, Griechen, Türken gegenüber, und sehen wir nicht Stalin, die Krimtataren nach Sibieren in den Tod schicken? Assimilation, wo die nicht geht, Vernichtung von Kultur und von Sprache.
Ist es so schwer, einige historische Verbindungslinien zu ziehen?
Heute hörte ich im slowenischen Radio eine unwahrscheinlich spannende, fast mutigmachende Diskussion von Juristen, Richtern, Staatsanwälten, Amnasty International u a. die darüber berichteten, dass die europäische juridische Maschinerie zur Sammlung der begangenen Kriegsverbrechen in der Ukraine voll angelaufen sei. Sie hätten derartiges noch nicht erlebt. Es wird gesammelt, dokumentiert, gesichtet… Das einzige Hindernis, an dem diese wertvolle Dokumentation scheitern könnte ist, dass die den europäischen Vertrag zu Kriegsverbrechen und den Römischen Vertrag als Erweiterung (diese Verträge haben eine klare Überschrift, ich hab sie mir nicht gemerkt, aber jeder weiß, worum es geht) unterschriebenen Staaten deren Arbeit nicht oder nur schleppend finanzieren.
Halten wir fest: Das sind doch jene Staaten (der EU u außerhalb), die in Milliardenhöhe die Waffenlieferungen in die Ukraine finanzieren, aber zugleich die Aufklärung der Verbrechen an der Menschlichkeit durch verzögerte Zahlung behindern oder durch Nichtzahlung sabotieren, indem sie die selbst gemeinschaftlich beschlossene Aufklärungsarbeit mangels Finanzbagatellen – im Vergleich zu Waffenlieferungen – ausdursten lassen! Wie nennt man sowas? Internationale des Machterhaltes? Wie meinte heute Stoltenberg? Nicht alles im Interesse des Profites tun. Also, was sagt uns das?
Publikationen zur ukrainischen und über die ukrainische Literatur, sowie zur russischen und über die russische Literatur in den Verlagen Wieser und Drava sind hier im Überblick. Bitte um zahlreiche Lesung und Verbreitung. Hoffnung können wir nur vom Buch, und nicht vom Krieg, erwarten.
Das Neueste aus den Verlagen. Najnovejše iz založb.
Heute vor 42 Jahren starb Tito. Ein Freund fragte, wie ich Tito heute beurteile. Hier meine kurze Antwort in Schlagworten.
Einige Kriterien bei der Burteilung von Tito aus heutiger Sicht und was wir daraus für die heutige Situation, mit Krieg in der Ukraine und der umsichgreifenden Ratlosigkeit für Rückschlüsse ziehen sollten.
1. Tito gelang die Einigung der vom Nationalismus zerfressenen jugoslawischen Gesellschaft in der SHS Monarchie auf der Basis der Gleichberechtigung der Kulturen, Sprachen und Religionen, auf deren Grundlage der antifaschistische Partisanenkampf erfolgreich war;
2. Besiegung des Faschismus und Beginn der Veränderung des Landes, zuerst auf stalinistischer Basis (Goli otok), danach das Experiment der Selbstverwaltung, dass letztendlich an der Bürokratie, Gier u Korruption des Apparstes scheitert;
3. Das Ausbrechen aus der sowjetischen Umklammerung und die Gründung der Blockfreiheit, der Versuch der Überwindung des Ideologischen, das in sich zahllose bis heute nicht aufgearbeitete Ansätze zur neuen Weltwirtschaftsordnung trägt, um den Antagonismus zw. Reich und Arm, zwischen herrschender und beherrschter Nation, Sprache, Kultur, Schaffung von Minderheiten durch das Nationalstaatlichkeitsprinzip u.v.a.m und die Durchsetzung von Würde, Achtung, Menschenrechte, trägt;
4. Das Festschreiben der Maxime, das alle Sprachen u Kulturen gleichviel Wert sind und deren Gleichheit, unabhängig von Größe und Territorium zu achten ist u das das Bewusstsein für eigenständige kulturelle und sprachliche Gleichheit nicht vom Staatsterritorium, vielmehr von den demokratischen Strukturen im demokratischen Gefüge abhängt.
Einschub: (Ob sie in einem geeinten Territorium – oder nicht – leben und dazu über Jarhrzente gezwungen werden – Völkerbund, aufoktruierte Staatsprache, ethnische Säuberungen und großflächige Verschiebungen pflastern die politische Realität des 20. Jahrhunderts – hat sich längst als ideologisches Werkzeug diskreditiert, die diese These zur systematischen Assimilation anwandten – und bis heute ihre unreflektierten Anhänger findet, wie wir an den Äußerungen von Peter Weibl ersehen können, laut dem, wie der Standard schreibt, „die ukrainische Nationenbildung noch nicht gelungen sei“. Weibl wird dann folgendermaßen zitiert: „Dazu gehören die Etablierung gemeinsamer kultureller Standards und vor allem eine einheitliche Sprache und die Integration verschiedener Teile der Bevölkerung“. (Der Standard, 4 5.2022) Damit befindet sich dieser Herr in guter Gesellschaft mit allen Assimilanten der Geschichte und fällt sogar hinter den österreichischen Staatsvertrag von 1955 zurück, indem neben dem österreichischen Deutsch auch Slowenisch, Kroatisch, Ungarisch, Tschechich u Slowakisch, Rom und seit Kurzem auch Jänisch zu gleichberrechtigten Sprachen des Landes festgeschrieben sind und die Demokraten des Landes Jahrzehnte brauchten, um dies einigermaßen durchzusetzen. Gibt heute die historisch falsche Annahme „die ukrainische Nationenbildung“ sei „noch nicht gelungen“, weil die Ukraine keine „einheitlichen Sprache“ haben jeglichem Agressor auf der Welt das Recht, ein Land zu okkupieren und zu bombadieren, wie sich einst die Nazis das Recht nahmen, das Land Kärnten „Deutsch zu machen“? )
Nach diesem notwendigen aktuellem Einschub, kehren wir zur Ausgangsbetrachtung zurück:
Auch wenn Vieles in Jugoslawien in der möglicherweise hoffnungsfrohen Form angedacht und wohl auch z.T. umzusetzen begonnen wurde, es ist am nachfolgendem Nationalismus gescheitert – und hier wären, beginnend mit den Siebzigerjahren die 1972 u 1974 ergriffenen Maßnahmen zu nennen und zu untersuchen (bekannt als Tito-Briefe gegen die kroatischen uns slowenischen ‚Abweichler‘), bis zu erbitterten Kampf im ZK des Bundes der Kommunisten vor dem Zerfall Jugoslawiens und der Machtübernahme verschiedener nationalistischen Strömungen (Serbien: Milošević, Kroatien Tuđman) mit den verzweifelten Gegenbewegungen (Makedonien, BiH, z.T. Slowenien) und verbunden mit kriminellen Aktionen, bis hin zur Ermordung von Kontrahenten.
Und doch kann man – in der Hoffnung, dass es einer historischen und wissenschaftlichen Prüfung unterzogen wird und in der Erfahrungsgeschichte eingeordnet wird – festhalten:
Ohne der antifaschistischen Einheitsfront wäre der Faschismus nicht besiegt worden;
Ohne der Blockfreienbewegung wäre die Dritte Welt zw den Supermächten USA und der SU zerrieben worden;
Ohne der Postulierung der sprachlichen und kulturellen Gleichheit jeder einzelnen sprachlichen Besonderheit würden wir heute noch mehr anstehen, als wir es tun, weil wir uns der gemachten Erfahrungen zu bedienen erst wieder besinnen müssen.
Jedenfalls würden sie uns Europäern in der Beurteilung der Vorgangsweise beim Ukrainekrieg mehr als hilfreich sein und sie könnten uns bei der notwendigen Festlegung, wie den 3. Weltkrieg abwehren, ohne zu Appologeten von irgendeiner der die Welt beherrschenwollenden Großmächte Russland, USA und China zu werden, nützen oder zu Wiederkäuern von längst überholten ethnischen Reinheitsprinzipien zu werden, wie sie scheinbar gerade wieder aus der Mottenkiste der Geschichte herausgesucht werden. Europa hat, wenn es sich dessen nur besinnt, mehr zu bieten, als dieses derzeitige jämmerliche Bild der Verstörtheit und Anbiederung und intelektuellen Ahnungslosigkeit, zumal sich die einzelnen großglaubenden europäischen Staaten, ob Frankreich, GB oder Deutschland, untereinander mehr Mißtrauen als Trauen und noch der Verlockung unterliegen, mit geschwellter Brust und, die Gunst der Stunde nutzend, das Fingerspiel der Aufrüstung zu demonstrieren, wohl wissend, dass das bei weitem nicht reichen wird, zur vierten Großmacht zu werden.
Da wäre es schon besser, seine Energie auf die gemachten positiven Erfahrungen zu richten – die alle gegen die verurteilenswürdigen kolonialen und imperialen Rollen europäischer Staaten erkämpft wurden. Es mögen die wenigen Hinweise an dieser Stelle genügen: Hollands, Portugals und Vatikans Rolle bei der Ermordung der indigene Völker, Deutschlands Rolle in Afrika im 19. Jahrhundert, bis hin zur industriellen faschistischen Ausrottung und systematischen Vertreibung im 20. Jahrhundert.
Europa kann mehr. Es hat sich die Prinzipien der Demokratie, der Achtung und Würde, der Menschenrechte, der Blockfreiheit und der sprachlichen und kulturellen Gleichheit blutig erkämpf. Es hat begonnen, die Assimilation und Nationwerdung als Allheilmittel hinter sich zu lassen.
Europa hat die Erfahrungen zur Beilegung von die Menscheit zerstörenden Konflikten in sich kulminiert. Es ist Zeit, sie zu aktivieren.
In diesen Zeiten der zunehmenden Kriegsbegeisterung über andere Friedenskonzepte nachzudenken, nach langen Phasen der Orientierungslosigkeit und Konzeptverweigerungen, ist fast ein auswegsloses Unterfangen. Nach Wegen des Friedens zu suchen, ohne zugleich einen Kotau vor den Agressorren, Kriegstreibern und -gewinnlern in der beginnenden geopolitischen Neuaufteilung der Welt zu machen, verlangt mehr als laienhaftes und hilfloses politisches Handwerkszeug. Es setzt nüchternes und strategisches Denken im Interesse des Friedens für die ganze Welt voraus.
Fast alle sehen derzeit als einzige Erfüllung die Aufrüstung, mit der sie dem heutigen Graus entgegen treten. Aber, was geschehen wäre, hätte man 100 Milliarden, die Deutschland in die Aufrüstung steckt, oder Österreich mit seinen 10 Milliarden, was wäre, wenn man in den vergangenen drei Jahrzehnten, seit dem Kriegsbeginn in Jugoslawien, in die Hand genommen hätte und in eine europäische Austauschbibliothek und in eine kulturelle europäische Aussenpolitik der Sprachen und Kulturen investiert hätte? Was wäre, wenn man es parallel heute, jetzt und hier noch immer wagen würde und damit den bisherigen erstmaligen Versuch unternehmen würde, die Kultur als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln allen bisherigen gescheiterten ‚Kriegsantworten“ in der Geschichte entgegen stellen würde? Allein schon, um es nicht unversucht zu lassen und die Hoffnung nach einer friedlichen Welt doch noch aufleben zu lassen.
Eine neue Friedensbewegung und -politik, die einhergeht mit einer neuen, sozial ausgerichteten Weltwirtschaftsordnung, die sich dem derzeitigen Antagonismus widersetzt, auf den die beherrschenden Weltmächte Russland, China und USA hinsteuern – die abzielt auf die Begradigung der Einflusssphären – auf dem Rücken der Ukraine und letztendlich Europas.
Europa glaubt noch immer, einzelne nationale Egoismen bedienen zu können und wagt garnicht, darüber nachzudenken, dass es als Erfinder der Demokratie und der Menschenrechte einen dritten oder vierten Weg entwickeln und vorlegen könnte, fern von den überkommenen und vermotteten Konzepten des Dogmas der Nationalstaatlichkeit, die als Folge immer neue Minderheiten produziert, die dann wiederum zum Argument werden, warum man territoriale Begradigungen militärisch umsetzen muss. Der Beispiele gibt es in den zurückliegenden Jahrhunderten zur Genüge.
Allein der Blick auf die vergessenen Versuche und abgeschobenen Erfahrungen der Blockfreienbewegung der einstigen Dritten Welt, die den damaligen Supermächten deutliche Kopfzerbrechen gebracht hatte und ihre Pläne oft genug durchkreuzte, könnte dabei genauso von Nutzen sein, wie der Wille, der Vernichtung von Ländern und Städten, dem Tod von Soldaten und von Zivilisten, der gezielten Vertreibung und dem Hass die – zwar auf zittrigen Beinen stehenden, aber existierenden – zivilisatorischen Errungenschaften entgegen zu stellen. Sie sind grenzenlos.
Über 200 Übersetzungen und Interpretationen. Wenn wir uns nicht verzählt haben, 219.
Ein Gedicht geht seit einem Monat um die Welt. Mit gestrigem Tag wurde es über zweihunderfach übersetzt und interpretiert. Geschrieben am Morgen, als der Krieg begann und den Menschen den Schlaf raubte.
Gerade jetzt auf die Kraft des Wortes und der Übersetzung zu vertrauen mag verstörend und aussichtslos erscheinen. Es mag auch Mühe bedeuten, aber das Wort, der Vers trägt gerade in schweren Zeiten die Fähigkeit in sich, das aufeinander Zugehen nicht zu vergessen. Neben dem Versuch, zu Verstehen und doch auch das Hoffen zu wagen.
Das Wort klärt den Blick, Verse geben in trostloser Zeit Hoffnung. Wir wagten sie. Wir finden verbindende, nicht tötende Worte. Wir haben und wir finden eine neue, eine gemeinsame Sprache!
Auch wenn der Krieg tobt, es bleibt uns nicht erspart, über die Zukunft nachzudenken und nach Möglichkeit ausschau zu halten zu beginnen, die vergangenen Fehler und Versäumnisse nicht wieder zu wiederholen.
Es machen sich ungeahnte Weiten und Möglichkeiten auf, auch wenn wir alle noch nicht wiklich registriert haben, welche innovative Kraft in und mit der Sprache immer wieder von Neuem erwacht und heranwächst.
Bisher haben wir über die heilenden Möglichkeiten, die in den Sprachen auf ihre Entfaltung harren, mehr oder weniger theoretisch gesprochen. Auf ihre Wirkung haben wir allzuoft nicht vertraut. Ähnlich dem Hollerstrauch, wo 8.000 heilende Komponenten vorhanden sind und erst aktiv werden, wenn sie gebraucht werden.
Auch mit und um das Gedicht geschehen Dinge, die bis dato so nicht bekannt waren: Schulklassen diskutieren in bisher nicht gekannter Weise über die Verse; aus allen Teilen der Welt kommen innerhalb von Tagen Übersetzungen: Vom Altmongolischen bis zum Ukrainischen. Überall drückt sich der Wunsch nach unmittelbaren Frieden aus, in einer unideologischen, die Phantasie bewegenden und – deutlicher als sonst – das Verbindende und die jeweilige Eigenart herausstreichenden Sprache, ohne die eigene Wichtigkeit überzubewerten.
Wir nehmen erstmals eine Wirklichkeit wahr, die die Wirkung der Übersetzung hervorstreicht und die die Kindheitssprache heller macht, auf die man stolz sein kann. Jeder und Jede für sich lebt und wächst in seiner gesprochenen Kindheitssprache auf.
Hervor treten verzaubernde, anziehende Bilder, die einen selbst verwandeln und auf einmal kann das Gesprochene ohne Opfermythos und Mitleidhaschend, oder agressiv, auftreten. Ganz selbstverständlich. Öffnend, frei machend.
Darin liegt das Mystische der Sprache und zeigt, wie ausdrucksreich Sprache – ob Hochsprache oder dialektaler Ausdruck – ist. Schleusenöffnend, die die aufgestauten Missachtung wegzuschwemmen imstande ist.
Kaum einen Monat nach Kriegsbeginn hat man das Gefühl eines Überganges zur Normalität und erstarrt. Nimmt man den Essay von Peter Gnaiger in den „Salzburger Nachrichten“ vom 12.3.und den Kommentar von Milenka Rječcina in den „Serbske Nowiny“ vom 18.3. bekommt man eine Ahnung, was mit Wort, Sprache und Kultur in Zukunft zustande zu bringen möglich macht.
Mit dem „Aufschrei in Versen“ ist ein trauriger Moment der Geschichte eingefangen worden und zugleich auch eine Wirkung geweckt worden, die in sich die Hoffnung trägt.
Wir haben das Hoffen gewagt und wir gehen auf eine Zeit zu, wo man sich der Osterfriedensmärsche erinnert.
Jedenfalls: Der Krieg in Europa lässt den innigen Wunsch nach einer neuen Friedensbewegung wach werden.
Es ist Zeit! Es ist Zeit nach einem Jahrhundert der Kriege es nicht wieder so einfach geschehen zu lassen. Nicht, dass Männer als Soldaten unter Befehlsgewalt zu Kanonenfutter werden und auf Verwandten, Gleichgesinnte, Brüder, Schwestern, Kinder schießen, Töten, (vielleicht mit zusammen gebissenen Zähnen), aber Töten!
Nie wieder Krieg!
Die Parole vergangener Zeit im Rückblick verblassend, wenn es zum realen Krieg kommt?
Jahrelang und millionenhaft skandiert – einfach vergessen und jeder geht hin? Geleitet vom jeweiligen Nationalismus, die Vernunft, die Dessertation, der Widerstand im Hass erstickt und mit gegenseitiger Verachtung bedacht?
Ist das der Weisheit letzter Schluss?
Achtung, Würde, Menschenrechte – mit Füßen getreten, mehr denn je?
Sprachliche Souverenität und Verständigung dem Nationalstaat und seiner Assimilation geopfert? Geht es wieder einmal als Kolleteralschaden durch, wie in den Jahrhunderten davor, in allen Teilen der Welt – von Afrika, über Amerika, Canada, Europa, Korsika, Irland, Wales, Asien usw. – die die Vernichtung von Gesellschaftsstrukturen, Sprachen und Kulturen bewusst förderten und bis heute in den Geschichtsbüchern verherrlichen.
Ist das die demokratischen Zivilisation, die wir mühsam in eine, wie es leider scheint, wacklige Rechstform und Verfassung brachten und ins Bewustsein zwängten? Wird auch sie wieder bald im Schlamm der heranrollenden Panzer und im Primitivismus versinken?
Hier und Dort Hier Sonne / Dort Bomben Hier Frieden / Dort Tränen Hier Zukunft? / Dort Graus! Wohin gehen wir?
Tu in tam Tu sonce / Tam bombe Tu mir / Tam jok Tu bodočnost? / Tam groza! Kam gremo?
(c) Lojze Wieser, Slowenisch/Deutsch, 24.2.2022, um 7 Uhr)
Tu in tam Tu sonce / Tam bombe Tu mir / Tam jok Tu bodočnost? / Tam groza! Kam gremo?
I.
Die letzten drei Wochen haben einiges in Bewegung gebracht. Ein Aufschrei in vier Versen bzw. in 18 Worten hat eine ungeahnte Entwicklung genommen und uns vor neue Aufgaben gestellt. Etwas gar nicht Geplantes ist durch die eigene Dynamik zum Taktgeber geworden und fordert unser Denken heraus. Wohin gehen wir? Wohin wollen wir gehen? Wohin sollen wir gehen?
Ungeahnte Weiten und Möglichkeiten tun sich auf und sowohl wir als auch die Öffentlichkeit haben noch nicht wirklich begriffen, welche neue Kraft hier in und mit den Sprachen heranwachsen könnte und sichtbar wird. Vieles, was in den vergangenen Jahrzehnten als unverrückbares politisches Dogma galt, ist ins Wanken gekommen oder wurde über den Haufen geworfen.
Bisher haben wir über die Möglichkeiten, die den Sprachen innewohnen, im Grunde mehr als weniger theoretisch gesprochen. Die erste Ahnung, dass sie gesellschaftspolitische Sprengkraft haben, hat sich in Kärnten bei der Ortstafellösung angedeutet und ist bisher (auch noch) nicht wirklich im Bewusstsein angekommen und zur Kenntnis genommen worden. Eher wurde der Hinweis darauf zweifelnd beäugt, belächelt oder als übertrieben angesehen. Doch man beginnt umzudenken, seit man nach fast 100 Jahren merkt, dass die einst negativ belastete und verschmähte Sprache positiv konnotiert wird und z. B. die Anmeldungen zum Slowenisch-Unterricht in den Volksschulen nahe an die 50 % herankommen. 40 Jahre haben das Ihre getan. 1980 keine einzige Übersetzung aus dem Slowenischen, heute zur und aus der slowenischen Literatur in die Hunderte gehend (siehe meine „Kärntner Rede“ aus dem Juli 2021 im Blog: https://www.lojzewieser.net/2021/07/07/kaerntner-rede-koroski-nagovor/).
Auch bei den Innu in Kanada werden von den ersten Sprachen (es waren an die siebzig) drei wieder zu lehren begonnen. Es sind nur zwei Beispiele von vielen rund um die Welt. Oft wurde das Engagement für die abgeschobene Kultur und Sprache als nationalistisch verurteilt und die Angst davor fuhr den bestimmenden und regierenden Staatsnationen in die Knochen, denn sie fürchteten um den Verlust ihrer meist erbeuteten Macht. Daher wurden die zu Minderheiten gemachten Menschen gewaltsam unterdrückt, assimiliert, vertrieben und ermordet, um den Mächtigen ja nicht die politische und ökonomische Dominanz streitig zu machen. Taten sie es doch, waren sie der Propaganda Mittel zum Zweck, um die um ihre Rechte kämpfenden Menschen und den Einsatz für die meist jahrtausendealten Kulturen und Sprachen als rückwärtsgewandt, Fortschritt ablehnend, reaktionär, minderwertig und überholt zu verunglimpfen. Die über weite Teile noch nicht geschriebenen Geschichtsbücher sind voll davon, nur nicht gedruckt, da die Erzählung von den Mächtigen aufrechterhalten werden soll und den von den Mächtigen zu Machtlosen gemachten über ihre Vergangenheit gestülpt werden soll und für sie selbst als Rechtfertigung immer hergenommen werden kann.
II.
Was erzählen uns das Gedicht und die vielen Übersetzungen und Interpretationen?
Das, was hier mit dem Gedicht in den letzten drei Wochen passiert und was um sich greift und zu einem Selbstläufer wird (mit leichtem Anschub von uns – Henk Scholte, Groningen, NL; durch Milenka Retschke, Bautzen, mich und dann den vielen anderen), ist neu, und Peter Gnaiger mit seinem Essay in den Salzburger Nachrichten am Wochenende (12.3.) hat es in der Einleitung auf den Punkt gebracht:
„Wieser ist – wie man hierzulande sagt – ein Kärntner Minderheitenslowene. Weshalb er die Übersetzung hinzufügte. Er veröffentlichte das Gedicht auf Facebook. Dann ging es rund. Und zwar über den Globus. Wir lernen drei Dinge: Erstens: Facebook hat auch seine guten Seiten. Nach einer Woche gab es Übersetzungen in 118 Sprachen und Dialekte. Sogar ins Gronische. Das wird in den Niederlanden rund um Groningen gesprochen. Zweitens: Es gibt eine weltweite Sehnsucht nach Frieden und Wohlbefinden – einen gemeinsamen Nenner. Warum sollten Menschen in Alaska und Papua-Neuguinea sonst bei einem Witz an der gleichen Stelle lachen?
Heute sinnieren Menschen zu Wiesers Stoßseufzer schon in der Türkei, Griechenland, Vietnam, Südkorea, Japan Frankreich, Ägypten, Grönland, Kanada, Kamerun, Schweden, in der Antarktis und in Brasilien sowieso. Am Donnerstag waren es schon 140 Übersetzungen, die dem Text hinzugefügt wurden. Ein Ende der Menschenliebe ist also doch noch nicht in Sicht.
Und die dritte Erkenntnis? Bombe heißt wohl in allen Sprachen – Bombe. Auch die Angst dürfte also verbindend sein. Nur nicht für jene, die ihre Befehle vom Schreibtisch aus geben. Womit wir bei einem Philosophen angelangt wären, der vor 2300 Jahren viel in seinem Garten nachgedacht hat: Epikur.“
Der Wunsch nach Frieden ist in einer mir nicht bekannten Weise unideologisch und – das ist neu – stark sichtbar, er regt die verbindende, die Eigenart behaltende und fördernde Fantasie an.
Darin wird aber auch erstmals in der gegenwärtigen Wirklichkeit, in der tagtäglichen Kommunikation, die Wirkung der Übersetzung, die jeder für sich, oft in seine gesprochene Kindheitssprache macht, sichtbar, und man merkt, wie es verzaubert, anzieht, einen selbst verwandelt und das Gesprochene auf einmal ohne den Beigeschmack des Opfermythos auskommt. Ganz selbstverständlich einen öffnend, frei machend.
Und darin liegt zugleich das Mystische, es löst die Zunge und zeigt, wie ausdrucksreich Sprache, ob nun die Hochsprache oder der dialektale Ausdruck, ist, und Schleusen der aufgestauten Missachtung aufstößt und das Angestaute wie von selbst wegzuschwemmen beginnt. Ein weiterer Aspekt, der in den Aktivitäten der Schüler des „Slowenischen Gymnasiums“ in Klagenfurt/Celovec und der 1b der „Renner-Schule“ in Graz sichtbar wird, ist folgender:
Hier im „Slowenischen Gymnasium“ v. a. die Lust, sich im Dialekt der eigenen engeren Heimat und somit der Kindheitssprache zu üben und damit vielleicht seine innere Sicherheit bestätigt zu bekommen; dort in der „Renner-Schule“die Übertragung in 15 Sprachen der in der Klassengemeinschaft aus aller Welt zusammengewürfelten Kinder, die, so kommt es rüber, erstmals ihre Sprache frei und ohne Einschränkung im Unterreicht anwenden! Im Brief an mich schreiben sie: „So eifrig wie noch nie wurde das Gedicht daraufhin als Hausübung von den Kindern – teils gemeinsam mit den Eltern und Geschwistern – in die unterschiedlichen Herkunftssprachen übersetzt. Rund fünfzehn verschiedensprachige Interpretationen des Gedichts kamen am Ende dabei raus, eine davon mithilfe einer Sprach-App in „Metacom-Symbolen“.
Das sind neue, bemerkenswerte Aspekte, die hier sichtbar werden. Beide weisen in eine Richtung, dass Sprache den Geist frei macht und das Gemeinsame stärkt, gar nicht rückwärtsgewandt, vielmehr sich der Sprache gegenüber öffnend, ihr mit Freude und Neugierde begegnend und damit der einengenden, Furcht verbreitenden Assimilation den Boden entzieht. Die über Jahrzehnte bekannte und die Menschen zum Misstrauen erziehende Funktion, die die Menschen über Jahrzehnte zum Verstummen gebracht hat, zerfällt zu Staub, hat man das Gefühl.
Und noch ein weitere, bisher hochgehalten Norm der gesellschaftlichen Realität des vergangenen Jahrhunderts sehen wir wanken. Es wird immer deutlicher, dass diese auch mit dem derzeitigen sich zunehmend verschärfenden Krieg in Europa in Verbindung gebracht werden kann.
Bisher galt: „Eine Sprache – eine Nation – ein Territorium“. Damit begründeten alle Theoretiker der Macht in den vergangenen 150 Jahren ihre Vorgangsweise – vom Völkerbund über Stalin und Hitler bis zu den heutigen Apologeten des Nationalstaates, die zunehmend den Friedensgedanken des Konzeptes der Europäischen Union mit ihrem Festhalten am Nationalstaat untergraben. Mit dieser oben angeführten These wurden im 20. Jahrhundert Kriege begründet und geführt. Diese Millionen Leben fordernde Staatsprämisse des 20. Jahrhunderts ist nicht nur brüchig geworden. Spätestens beginnend mit dem Krieg um Jugoslawien wurde klar, dass diese geltende Staatsdoktrin bröckelt. Spätestens mit der Fluchtbewegung 2015 wurde es zur Sicherheit, dass diese die Weltpolitik des 20. Jahrhunderts beherrschende, rückwärtsgewandte, kriegsfördernde und den Frieden zerstörende Staatsdoktrin gescheitert ist. Je rascher diese Erkenntnis in die Köpfe einsickert, desto geringer der Schaden, den das absterbende ideologische Gewebe anzurichten imstande ist.
Zur Realität wurde die Tatsache, dass, je mehr man Sprachen assimilieren will, desto sehnsüchtiger drängen sie hervor, nicht immer mit den adäquaten Mitteln. Die Existenz der vielen Sprachen nebeneinander ist Realität, wie Flüsse, die lange Zeit unterirdisch fließen und dann plötzlich an die Oberfläche treten.
III.
Wir öffneten die Tür zu einer neuen Erkenntnis, dass Nation und Staat nicht eins sind, und dass Territorium und Sprache ein sich ausschließender Antagonismus sind.
Wir müssen zur Kenntnis nehmen und verstehen lernen, dass „Sprache ohne Territorium“ zur gesellschaftlichen Anerkennung drängt und zunehmend zur Leben und Wirklichkeit beherrschenden Tatsache wird. Je früher wir das Anerkennen und Annehmen, desto weniger Schaden werden wir uns selber zufügen und auch in der Organisation des friedlichen zukünftigen Lebens nicht allzu weite Umwege gehen müssen.
Diese Erkenntnis und die Annahme der These von „Sprache ohne Territorium“ trägt die Umsetzung der demokratischen Lebensorganisation für alle auf Augenhöhe in sich und steht einer totalitären und diktatorischen Organisation des Lebens diametral entgegen. Daher wird es zur Notwendigkeit, diese überfällige Plage des 20. Jahrhunderts nicht ins 21. Jahrhundert mitzuschleppen. Durch konsequente demokratischen Lebensorganisation können sich Türen zu Achtung, Würde, den Menschenrechten und zur Gleichheit aller Sprachen öffnen.
IV.
Der Nationalstaat war – und ist es –, der einer positiven friedlichen Veränderung im Wege steht, weil er am laufenden Band Minderheiten produziert, ihnen Sprache und Kultur nimmt, sie gefügig macht, sie assimiliert oder die Menschen zu Opportunisten werden lässt; der die Menschen zum Verstummen zwingt, der vertreibt und Machtterritorien schafft, damit sich seine staatstragende Sprache über alle anderen stellt und sich somit wichtiger nimmt als die anderen.
„Sprache ohne Territorium“ öffnet, hebt die Menschen auf Augenhöhe, lässt die Kultur sich entfalten und frischt das gemeinsame Umgehen in Achtung und Würde auf, nimmt nichts weg, macht neugierig, ermöglicht die Begegnung und lässt die Fantasie sprudeln. Erst recht in Zeiten der digitalen Vernetzung.
V.
Der Aufschrei in vier Versen, der zum Lauffeuer geworden ist, hat den Finger auf die rasant einschneidenden und breit sichtbar gewordenen Notwendigkeiten gelegt. An den Übersetzungen, Interpretationen und Sprachspielen wird der Wunsch nach Frieden sichtbar, die emotionale Verwendung der eigenen Kindheitssprache entwirrt die babylonische Sprachverwirrung und leitet sie in eine Vielstimmigkeit über, die fühlbar verbindet, die Kräfte mobilisiert, einem selbst Halt gibt und Veraltetes und Überholtes hinter sich lässt.
In dem Maße, in dem sich die russischen und ukrainischen Demokraten gegenseitig unterstützen, werden sie gemeinsam und dauerhaft den Aggressor besiegen. Dazu gehört auch, dass jegliche chauvinistischen Bestrebungen in der ukrainischen und russischen Gesellschaft von Anbeginn an klar und eindeutig zurückgewiesen werden. Der Aufruf zum Boykott der russischen Autorinnen und Autoren, ihrer Bücher, wie dies seitens einiger ukrainischer Proponenten wenige Tage nach Beginn des Krieges gefordert wurde, verhindert, dass die Aggression besiegt wird und ein friedlicher Wiederaufbau in Angriff genommen wird. Die Trennung läuft zwischen Demokratie und Reaktion generell und weltweit – auch in Russland und der Ukraine – und nicht zwischen den Sprachen und den Ethnien.
Eine gekürzte Fassung dieses Artikels lesen Sie in der Ausgabe 4/2022 des Rotary Magazins, den ungekürzten Artikel lesen Sie unter rotary.de/a19779
„Europa kann nur erlesen werden, Buch um Buch, nicht Krieg um Krieg“
ist seit vielen Jahren die Richtschnur unserer Verlagsarbeit. Im Grunde gilt sie für die ganze Welt.
Darum haben wir einen kleinen Überblick über die Literatur zur und über die Ukraine und Russland zusammen gestellt, die wir in den vergangenen Jahrzehnten in den Verlagen Drava und Wieser edierten. Denn: Lesen ist Leben!
Stimmen, die heute, wegen der Aggression gegen die Ukraine verlangen, die russische Kultur und Literatur zu boykotieren, übersehen eines: Es ist nicht die Sprache, die uns trennt. Die Trennlinie verläuft zwischen konsequenter Demokratie auf der einen Seite und Nationalismus und Reaktion auf der anderen Seite.
Der Widerstand in der Ukraine und die in die hunderttausende gehende demokratische Bewegung in Russland, die beide unter bisher unbekannten und schwersten Bedingungen lernen müssen, der Reaktion zu begegnen, brauchen Unterstützung aller demokratisch gesinnten Menschen der Welt und die Soldaten werden lernen, den Befehlen zum Töten nicht zu gehorchen. Es ist nicht ihr Krieg.
Unser aller gemeinsames Ziel ist Friede, Achtung, Würde, gleichberechtigung aller Sprachen und die konsequente Anwendung der Menschenrechte.
Hier und Dort /
Hier Sonne / Dort Bomben
Hier Frieden / Dort Tränen
Hier Zukunft? / Dort Graus!
Wohin gehen wir?
„Evropa se dá samo prebrati, knjiga za knjigo, ne vojna za vojno!“ Velja za celi svet.
Ločnica gre med konzekventno demokracijo in nacionalizmim in reakcijo. Pod različnimi pogji se borijo v Ukrajini in v Rusiji demokratične sile za mir, spoštovanje, dostojanstvo, enakopravnost jezikov in konzekventno upoštevanje vseh človekovih pravic. Vojaki se bodo tudi naučili, komandu za smrt upreti. Saj to ni njihova vojna!
V priponki spomnimo na ukrajinske in ruske edicije literature in na izdaje o njihovi literaturi, ki smo jih v preteklih destletjih dali na svetlo. Saj: Brati je živeti!
Wir haben soeben mit Esperanto bei unserer Gedicht-Initiative die Hunderter-Grenze an Übersetzungen überschritten: In nur 6 Tagen seit Veröffentlichung der Urfassung auf Deutsch und Slowenisch.
[Einschub am 24.3.: Der Stand heute ist bei 219 Interpretationen. Weitere sind im Werden.]
Von einigen wenigen Sprachen gibt es zwei, vom Dänischen sogar drei Varianten. Auch sind einige schöne Mundartübersetzungen dabei.
Der Aufschrei wurde zum weltumspannenden Protest von Dichterinnen und Dichtern, von Übersetzerinnen und Übersetzern, von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, von Sprachverliebten und von einer Künstlerin, die eine eigene Interpretation ohne Worte vorlegte.
Wie neu und voller Hoffnung ist das und es bestärkt: Am Anfang ist das Wort und das Wort lebt, trägt und überlebt alle Versuche, es zum Verstummen zu bringen.
Es wurde sogar der Wunsch geäußert, dazu eine Melodie zu komponieren, um der Initiative eine noch größere Öffentlichkeit zu ermöglichen.
Die Initiative wird fortgeführt. Stellvertretend für alle gilt dabei ein besondere Dank an Henk Scholte aus Groningen, NL und an Milenka Retschke aus Bautzen, die mit ihrer Kenntnis und ihrem Freundeskreis dieser Friedensinitiative so rasch eine Weite gaben.
Wir werden auch weiterhin das Hoffen wagen und für Würde, Achtung, Sprachen, Frieden und Menschenrechte das Wort – in allen Sprachen – erheben.
Denn Sprache ist das Rückgrat der Menschen und ihr Erhalt, aber auch das Wiedererlernen zwangsweiser verbotener, verdrängter und gewaltsam ausgerotteter Sprachen, zwang, in der Vergangenheit, viele der Überlebenden dieser Kulturen, zur Assimilation. Ziel der Sprachenvernichtung war es immer, den Willen der Menschen zu brechen und sie durch Sprachlosigkeit zu gefügigen und leichter beherrschbaren Menschen zu machen.
Dieses unwürdige Verhalten vielen Sprachen und, den sie sprechenden Menschen gegenüber, war auch Teil der immer wieder sich entwickelnden Aggressionen und Kriege.
Unsere Gedicht-Initiative, entstanden aus einem Aufschrei, hat jedoch in ihrer Vielstimmigkeit der Übersetzungen die Kraft des Wortes sichtbar gemacht und gezeigt, dass Sprache die Zukunft in Frieden bedeutet.
Denn, die Sprache hat in jeder einzelnen Kultur das gesammte Wissen gespeichert, dass die Menscheit zum friedlichen Miteinanderleben braucht: Angefangen von der Heilkunst des Menschen, der Ernährung und der Kunst des Überlebens, der Heilung der Natur und der Bewältigung der Klimakrise, des friedlichen Umgangs untereinander und der Verständigung.
Die Welt kann nur erlesen werden, im Original und in Übersetzung: Buch um Buch, nicht Krieg um Krieg!
Anhang:
Die Sammlung der beiden Originale und der Übersetzungen von „Hier und Dort“, „Tu in Tam“.
Bitte im Blog den Beitrag „Ein Gedicht geht um die Welt“ vom 26.2. aufrufen oder diesen Link anklicken: